Lichtermeer für Vielfalt und Demokratie vor Schneverdinger Rathaus

Hunderte Menschen verwandeln am Sonntag den Bereich vor dem Schneverdinger Rathaus mit Handys, Kerzen und Co. in ein Lichtermeer. Foto: sus

Hunderte Menschen setzen am Sonntag vor dem Rathaus mit Handys, Kerzen und Laternen ein Zeichen für Vielfalt, Solidarität und Menschlichkeit.

 

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Während in Schneverdingen am vergangenen Sonntag gegen 18 Uhr langsam die Dunkelheit hereinbrach, erleuchteten vor dem Rathaus nach und nach immer mehr Menschen die Innenstadt. Mit künstlichen und echten Kerzen, Laternen, kunstvoll drapierte Lichterketten an Mützen, Jacken und Plakaten, oder auch der Taschenlampe am Handy.

Für eine halbe Stunde kamen nach Polizeiangaben an dem Abend rund 400 Menschen in der Kleinstadt zusammen, um nach Lisa Hundertmarks Worten zu zeigen: „Wir sind viele und wir sind laut für Solidarität, Menschlichkeit und Vielfalt.“ Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens unterstrich: „Schneverdingen positioniert sich klar gegen Rechtsextremismus, Extremismus, Diskriminierung und Gewalt und tritt ein für eine offene und gerechte Gesellschaft.“

„Ich habe jetzt schon Gänsehaut“, begrüßte Niklas Hundertmark die Anwesenden Punkt 18 Uhr. Anfangs hatten die Initiatoren Lisa und Niklas Hundertmark 50 Personen angegeben, zuletzt auf 200 erhöht. „Wenn ich mir das jetzt hier so angucke, also wow, ihr seid auf jeden Fall viel, viel mehr und das macht wirklich mega viel Mut.“

Genau jetzt dürfen wir nicht wegschauen, uns nicht dem Zynismus hingeben und leise sein.
— Lisa Hundertmark, Initiatorin

Die Mahnwache „Schneverdingen bleibt hell“ bildete genau eine Woche vor der Bundestagswahl den Auftakt für weitere Aktionen im Heidekreis. Einen Tag vor der Wahl folgt in Munster ab 17 Uhr auf dem Marktplatz eine Demonstration für Demokratie und Zusammenhalt. Der 29. Januar hatte bundesweit zahlreiche Demonstrationen und Aktionen ausgelöst, am vergangenen Wochenende als drittes in Folge unter anderem auch in Rotenburg. In Schneverdingen schlossen sich etliche Privatpersonen, Vereine wie der Kulturverein, die Stadtfalken und der Spielmannszug sowie die Ortsverbände der SPD, des BUND und von Bündnis 90/Die Grünen, an.

„Du siehst so viel Hass, so viel Rückschritt und so wenig Mitgefühl und deinem Herz wird so schwer. Du fühlst dich hilflos und fragst dich, was kann ich schon tun gegen all diesen Mist? Wer dieses Gefühl kennt, der darf sich jetzt einmal umschauen“, richtete Lisa Hundertmark das Wort an die Versammelten. „Wir können uns als Zivilgesellschaft keine Gleichgültigkeit, keine Bequemlichkeit, keine Resignation mehr erlauben.“ Jede einzelne Person sei gefragt, im Alltag die eigenen Privilegien zu nutzen, schwierigen Gesprächen nicht aus dem Weg zu gehen, Brücken zu bauen und Minderheiten zu schützen. „Genau jetzt dürfen wir nicht wegschauen, uns nicht dem Zynismus hingeben und leise sein.“

Man müsse die Sorgen und Ängste aller sehr ernst nehmen und Mitgefühl mit den Angehörigen der Opfer von Gewalttaten haben. „Was man nicht darf, ist die Menschlichkeit verlieren“, betont die Schneverdingerin. Einen Rechtsruck bekämpfe man nicht, indem man selbst mehr nach rechts rücke, sondern mit Haltung. „Stell dir vor, es wäre das Normalste in diesem Land, verschieden zu sein. Stell dir vor, es würde mit vollem Einsatz an sozial gerechten Lösungen in all diesen Krisen gearbeitet werden. Wie cool wäre das bitte?“

Den Eingangsbereich des Rathauses erleuchtete der Frauenchor Stimmt, unter der Leitung von Irina Wystub, mit seinen farbenfroh gestalteten Plakaten. Sie sangen die Lieder „Wehrt euch“ und „Imagine“ an, in welche die Teilnehmenden einstimmten.

„Ihr glaubt gar nicht, was das für ein großartiger Anblick ist, den man von hier oben hat und was für ein wunderbares Zeichen Schneverdingen heute Abend setzt. Ich bin so, so stolz und war es schon im letzten Jahr, als wir hier zusammen gekommen sind“, ergriff Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens das Wort. Vor fast genau einem Jahr trotzten die Menschen mit Regenschirmen dem nassen Wetter. Dieses Jahr halfen dicke Jacken, Handschuhe und Mützen gegen die Temperaturen um den Gefrierpunkt. Es sei wichtig, die Demokratie vor Ort zu stärken, so die Bürgermeisterin, „denn mit 2024 ist ein Jahr zu Ende gegangen und mit 2025 hat ein Jahr begonnen, das uns allen eine Mahnung sein muss.“

Das Jahr 2025 braucht mutige Demokratinnen und Demokraten weltweit, aber auch hier vor Ort.
— Meike Moog-Steffens, Bürgermeisterin

Selten zuvor stünden Demokratien weltweit so massiv unter Druck. Selten zuvor habe es so viele Krisen und Konflikte auf unserem Planeten gegeben und selten zuvor sei die gesellschaftliche Spaltung in Europa und auch hier in Deutschland so offensichtlich, fasst Moog-Steffens zusammen und ermutigt: „Keine Zeit, um sich rauszuhalten. Keine Zeit für Erschöpfung. Das Jahr 2025 braucht mutige Demokratinnen und Demokraten weltweit, aber auch hier vor Ort. Ich lade Sie und Euch darum herzlich ein, unsere Demokratie vor Ort aktiv mitzugestalten.“

Denn Demokratie sei kein Zustand, den man für selbstverständlich halten könne, zitierte sie den ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss. Sie verlange unser tägliches Engagement, unser Miteinander und unser Vertrauen in die gemeinsamen Werte, die uns verbinden. „In unserer Stadt gibt es wunderbar engagierte Menschen, die kreativ mit Innovationskraft, mit Gestaltungswillen in allen Bereichen des Lebens unsere Zukunft bringen.“ Die Stadt sei vielfältig. „Damit das so bleibt, engagieren wir uns gemeinsam für faire Teilhabe aller Menschen, unabhängig von Herkunft, Einkommen, Weltanschauung, Geschlecht oder Alter.“

Vielfalt sei gelegentlich auch anstrengend und fordere uns heraus. Aber sie sei für unser Land auch extrem wichtig. „Rassismus dagegen zerstört unsere offene Gesellschaft, unseren Wohlstand und unsere Zukunft“, so Moog-Steffens. „Ich wünsche uns allen, dass wir die Hoffnung niemals aufgeben und beständig an eine bessere Zukunft glauben.“