Höllenhunde suchen ein neues Zuhause

Schwer vermittelbar: Verhaltensgestörte Hunde benötigen erfahrene und geduldige Halter, der Umgang mit den Tieren kann gefährlich sein.

„Uns wurde der Mietvertrag gekündigt und keiner will sich vorstellen, wie wir als Wanderzirkus in mit Schrott und abgerissenen Gartenzäunen vollgepanzerten Lkws durchs Land fahren, bis irgendwer freiwillig von seinem Grundstück flieht und es uns überlässt.“ Die Hellhound-Foundation bleibt sich treu und verpackt auch noch ihren Abschied aus Bispingen in einen launigen und etwas rätselhaften Text. Der gesamte Internetauftritt der gemeinnützigen Gesellschaft ist in diesem Ton verfasst. Die betreuten „Höllenhunde“ werden wie Strafgefangene als „Insassen“ bezeichnet, manche Logos und Bilder wirken furchteinflößend. Grimmige Hunde mit hochgezogenen Lefzen und kalten Augen.

Wer etwas tiefer in die Bildsprache der Hellhound-Foundation eintaucht, bemerkt schnell die ironische Brechung. „Wir verfolgen das Anliegen, Leute neugierig zu machen, aufzuklären und eventuell zum Umdenken zu bewegen“, erklären die Tierfreunde. Sie werben um Verständnis für Hunde, „die oftmals das Opfer, aber zugleich auch eine Gefahrenquelle darstellen“. Im Tierheim für schwere Fälle in Hörpel landen Vierbeiner, die ihre Halter überfordern und die kaum jemand haben möchte. Verzogene und oft gefährliche Hunde, denen es aufgrund schlechter Erfahrungen und eines angezüchteten feurigen Temperaments schwer fällt, Menschen zu vertrauen und zu gehorchen. Wenn die Polizei oder das Ordnungsamt zum Schutz der Bevölkerung irgendwo einen hoch aggressiven Hund aus dem Verkehr zieht, landet er häufig in spezialisierten Einrichtungen wie dem Tierheim der Hellhound-Foundation. Hier nimmt sich ein Team aus Ehrenamtlichen um Hundetrainerin Vanessa Bokr den Problemfällen an.

Die Hellhound-Foundation macht sich mit dem Engagement nicht nur Freunde. Hunde sind nach Katzen die zweitbeliebtesten Haustiere der Deutschen, aber die Sympathie für aggressive Exemplare und als gefährlich eingestufte Rassen hält sich in Grenzen – vor allem, wenn sie in der eigenen Nachbarschaft gehalten werden. Was, wenn ein gefährlicher Hund ausbüxt? Solche Ängste kursieren derzeit – nicht so sehr in Hörpel, wo man seit Jahren an das Tierheim gewöhnt ist. Aber im gut 80 Kilometer entfernten Bonese. Im zum Altmarkkreis Salzwedel gehörenden 130-Seelen-Ort in Sachsen-Anhalt hat die Hellhound-Foundation eine ehemalige DDR-Grenztruppenkaserne gekauft. Dorthin will sie nicht ganz freiwillig umziehen, denn der Eigentümer des Grundstücks hat ihr den Mietvertrag gekündigt hat. Doch in der Altmark formiert sich massiver Protest gegen die Pläne.

Bürgerinitiative, Gemeinderat und Bürgermeister gegen Höllenhunde in Bonese

Eigentümer des Grundstück ist die Schneverdinger Stiftung „De Hun’nenhoff“, sie hat die Betreiber des Tierheims für verhaltensauffällige und gefährliche Hunde quasi vor die Tür gesetzt. Über die Gründe mag Stiftungsgründerin Dr. Usha Peters nicht sprechen. Einen aktuellen Rechtsstreit gebe es nicht, die Kündigung sei bereits vor vier Jahren ausgesprochen worden. „Alles Vergangenheit“, winkt Peters ab, „ich möchte nichts mehr dazu sagen“. Nach gütlicher Trennung klingt das nicht. Die Stiftung selbst gilt als zerstritten. Das künftig freie Stiftungsgelände in Hörpel werde aber weiter im Sinne des Stiftungszwecks genutzt, also für Belange des Tierschutzes, versichert Peters.

Doch dafür müssen erst einmal die „Höllenhunde“ umquartiert werden. Das ausgewählte neue Quartier in der Gemeinde Dähre wirkt auf Luftbildern ziemlich ideal: Ein Gelände an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze mit viel Natur drum herum und wenig Wohnbebauung. Gemeindebürgermeister Bernd Hane sieht das jedoch anders. Nur rund ein Kilometer trenne das einstige Kasernengelände von anliegenden Grundstücken. „Vor rund 20 Jahren wurden da schon einmal Hunde untergebracht“, erzählt er im Gespräch mit der Böhme-Zeitung. Eine sehr schwierige Erfahrung sei das gewesen, die der Dorfbevölkerung noch in den Knochen stecke. Das ewige Gebelle, die verwahrloste Tierhaltung und der Kampf bis zur Beendigung der Nutzung. Auch wegen dieser Geschichte hatte das Projekt der Hellhound-Foundation im Ort wohl von Beginn an einen schweren Stand. Hellhound-Aktivistin und Hundetrainerin Vanessa Bokr ist in den Gemeinderat gekommen und hat sich den kritischen Fragen der Einwohner gestellt. Doch es gelang ihr nicht, eine positive Stimmung zu erzeugen. Inzwischen hat sich der Gemeinderat klar gegen das Hundeprojekt positioniert und es gebe „eine einhellige Meinung in der Bevölkerung gegen das Projekt“, so Hane. „Die versuchen aber trotzdem, es umzusetzen“, ärgert er sich. „Wir werden alle Mittel einsetzen, um das zu verhindern.“

Stimmungsmache mit Schock-Plakaten

Eine Bürgerinitiative macht mit markigen Parolen und überall im Ort aufgehängten Plakaten Stimmung gegen die Hellhound-Foundation. „Wir sagen Nein zu Höllenhunden“ steht da, eingerahmt von zwei bedrohlichen Rottweilerköpfen mit aufgerissenen Mäulern und blitzend weißen Zähnen. Die Gemeinde hat einen Anwalt eingeschaltet, um sich gegen mögliche Genehmigungen durch den Landkreis zu wehren. Denn dort, das weiß auch Hane, wird letztlich entschieden, ob das geplante Tierheim eröffnen darf oder nicht. Der Bürgermeister pocht darauf, dass das Veterinäramt keine Entscheidung gegen das Votum des Gemeinderats fällen wird. „Wir haben den Altmarkkreis auf seine Pflichten aufmerksam gemacht“, gibt Hane sich nicht nur gegenüber der Hellhound-Foundation, sondern auch in Richtung der Kreisbehörden kämpferisch. Er spricht von illegalen Baumaßnahmen auf dem rund zwei Hektar großen Gelände im Außenbereich der Gemeinde. Hane erklärt, dass die Jägerschaft befürchte, dass entlaufene Hunde in den Wäldern wildern könnten. Anwohner und Ratsleute erklären in der Lokalpresse, sich in Bispingen umgesehen und dabei einen schlechten Eindruck von der Hellhound-Foundation bekommen zu haben. „Die Hunde wohnen dort nicht, sie hausen“, wird etwa Anwohner Christian Kramer in der Allgemeinen Zeitung zitiert. „40 Tiere waren offiziell gemeldet, 110 waren zeitweise vor Ort.“

Die Hellhound-Foundation will sich nicht zur Sachlage äußern. Sie dürfte erheblich unter Druck stehen. Nach unbestätigten Informationen dieser Zeitung wäre der Auszug in Hörpel eigentlich am 1. April fällig gewesen.